Ein Showtruck nach
Lust und Laune


Im ersten Teil dieser kleinen Reihe ist der DAF XG+ Schritt für Schritt erfolgreich in seine Einzelteile zerlegt worden. Mit etwas Geduld und der richtigen Reihenfolge soll die Demontage jedem Bastler gelingen, ohne Stifte abzubrechen, welche die erfolgreiche Steckbauweise bei Herpa ermöglichen. In dieser Fortsetzung wird weniger geübten Bastlern der Einstieg ins Umbauen und Aufmotzen der Herpa-Modelle gezeigt, was aus einem Basismodell entstehen kann. Wie wäre ein fiktiver Showtruck?

Noch vor dem Start sind einige Überlegungen über den Weg oder besser noch das Ziel sinnvoll. Häufig entstehen Modelle nach konkreten Vorbildern. Die Liebe zum Detail beginnt beim korrekten Nummernschild und endet beim unpassenden „Ein Herz für Tiere“-Aufkleber, den der Fahrer einst auf die Beifahrertür pappte. Der Detailtreue sind keine Grenzen gesetzt, aber für den Einsteiger kann es schwierig werden, sich zu sehr an einem Vorbild zu verbeißen. Bei zu geringer Vorbildtreue muss mit Kritik gerechnet werden. Projekte ohne konkrete Vorbilder schieben den sogenannten Nietenzählern einen eleganten Riegel vor. Mein Geschmack, mein Modell, meine Umsetzung! Ende.

Was darf’s sein?

Die neue DAF Baureihe wurde auf der IAA 2022 in der attraktiven Farbe Tuscan Yellow präsentiert, bliebt jedoch ohne markante Foliengestaltung, wie sie andere Hersteller an neuen Baureihen anbringen. So ist die Internetrecherche mangels Motiven sehr schnell und ernüchternd abgeschlossen. Es gibt keine ansprechenden Originale. Eine Gestaltung mit einem riesigen XG+ Schriftzug bringt die Bildersuche allerdings häufig in Form von virtuellen Bildern in allen Regenbogenfarben hervor: Viele Wellen, Linien und Pfeile, darauf das historische DAF Markenlogo kombiniert mit den überdimensionalen Lettern XG+.

Es stellt sich heraus, dass dieses stimmige Design einzig für den Euro Truck Simulator, einem beliebten Computerspiel, geschaffen wird. Auf der Straße ist es nicht anzutreffen – in 1:87 schon! Carsten Glaubitz, unter Decalprint.de als Anbieter von Zubehör zur Ausgestaltung von Modellen bekannt, greift das Motiv auf und schuf entsprechende Decalbögen in vielen Farbvarianten, die neben dem Hauptmotiv weiteres Zubehör für eine Zugmaschine enthalten.

Waschen, föhnen und kleben bitte!

Das enzianblaue Basismodell liefert Herpa mit einer umfangreichen Bedruckung aus. Chromleisten, Türgriffe, Schriftzüge und schwarze Elemente hauchen dem Modell ordentlich Leben ein. Schade – das muss alles weg, damit die Aufdrucke nicht durch das neue Motiv scheinen. Mit vielen Wattestäbchen, leicht in DLE90 getränkt, werden alle Aufdrucke abgerieben und entfernt. Die Flüssigkeit löst die Farbe ab, mattiert gleichzeitig auch die Oberfläche des Modells. Daher ist es ratsam, viele Wattestäbchen zu verwenden und möglichst gezielt vorzugehen, um keine unbedruckten Bereiche unnötig mit der Flüssigkeit anzugreifen. Einmal gelöste und in reichlich Flüssigkeit weggeschwemmte Farbpartikel lassen sich nur schwer entfernen, nachdem sie sich in Fugen von Türen oder anderen Elementen abgesetzt haben. Daher ist es ratsam, in kleinen Abschnitten vorzugehen.

Die Motive werden möglichst exakt ausgeschnitten, da die dünne Trägerfolie einen kleinen Rand hinterlässt, der weitab vom Motiv deutlich mehr auffällt. Decals in logischen Arbeitsschritten auszuschneiden anstatt den gesamten Bogen zu zerlegen, ist sehr empfehlenswert. Die Feinheiten sind sehr klein und überraschend schnell verschwunden.

I make you sexy

So mühsam wie beim legendären Airbrushkünstler Walter Rosner ist die Gestaltung eines Showtrucks im H0-Maßstab gewiss nicht, aber einige Punkte sind identisch. Die zu beklebenden Flächen müssen fett- und staubfrei sein. Ersteres verhindert die Haftung der Aufkleber und Staub, Fussel oder Haare zeichnen sich gnadenlos durch die hauchdünne Folie ab. Glasreiniger bietet sich an. Das erste ausgeschnittene Decal taucht für einige Sekunden ins lauwarme Wasserbad und darf danach einige Zeit auf einem Küchenpapier entspannen. Die Folie trennt sich vom Trägerpapier und lässt sich auf das Modell schieben. Daher die deutsche Bezeichnung Nassschieber.

Je nach Größe und Untergrund wird das Modell mit Wasser oder MicroSol benetzt und die Folie schwimmend grob in Position gebracht. Wasser gewährt mehr Zeit für die Ausrichtung, während das Decal auf MicroSol zügiger haftet. Unter der Folie dürfen keine Luftblasen verbleiben. Sie hinterlassen einen silbrigen und störenden Glanz. Verläuft das Motiv über Türfugen, Tankdeckel u. ä. ist MicroSol ratsam. Es weicht die Folie ganz leicht auf. Die Flüssigkeit in der Fuge einige Zeit auf das Decal einwirken lassen und es mit einem Wattestäbchen fest in die Fugen pressen. So schmiegt sie sich in feinste Sicken. Dieser Schritt kann mehrfach wiederholt werden, bis das Motiv Glatt am Fahrzeug liegt. Wasser oder MicroSol werden mit Wattestäbchen nach außen weggeschoben und von der Watte aufgesaugt. Getränkte Stäbchen gegen trockene ersetzen, um die Decals zu fixieren. Mit etwas Übung quetscht eine rollende Bewegung die Flüssigkeit heraus und hält das Motiv in der gewünschten Position. Die Empfehlung für eine dunkelblaue Zugmaschine ist laut Decalprint ein hellblaues Motiv. Meine Begeisterung nach der Montage blieb leider aus – ich hatte mehr erwartet. Von der Enttäuschung angestachelt, wurden die hellblauen Motive entfernt und die neue Parole ausgerufen: „Jetzt erst Recht“.

Vom tristen Arbeitsplatz zum behaglichen Wohnzimmer

Die Wartezeit auf die Lieferung des gelben Motivs wurde für eine umfangreiche Ausgestaltung des vergrößerten Innenraums genutzt. Jenseits der alltäglichen Speditionsflotten darf es gewagt und kostspielig zugehen. Im skandinavischen Raum werden die Kabinen der Showtrucks gerne radikal umgestaltet. Einfache Sitzbezüge fliegen raus, gestepptes Leder kommt rein. Ein Vorteil der erwähnten Freiheit von Modellprojekten ohne konkretes Vorbild. Der Innenraum erhält seine Wirkung mit Farben aus der Revell Aqua Reihe.

Eine kurze Suche im Internet liefert realistische Gestaltungsideen für den Innenraum, aber die kleinen Fensterflächen lassen nur wenig Licht in die Kabine. Helle Bereiche und passende Farbtupfer laden zur genaueren Betrachtung ein. Zweifarbig blaue Sitze und Lenkrad, die extrabreite Schlafstätte wird ebenfalls aufgehübscht und die Ablagen im Frontbereich mit warmen Cremetönen ausgekleidet. Das alte DAF-Emblem befindet sich auf den Seiten der Kabine und wird im Innenraum an der Rückwand und den Sitzen von eigens erstellten Decals aufgegriffen. Es hängen Gardinen vor den Fenstern und ein Paar blaue Würfel baumeln in der Mitte. Es geht, was der Fundus hergibt.

Mit Blick auf die neue Parole werden die enzianblauen Kunststoffteile mit Mica Blue metallic von Tamiya lackiert. Die japanischen Farben sind bekannt für starke Deck- und Leuchtkraft und lassen sich aus der Spraydose gut verarbeiten. Anfangs noch skeptisch, Blau mit Blau metallic zu lackieren, lässt das Ergebnis keine Zweifel aufkommen.

Die Gelegenheit ist günstig, die Vertiefung der Chromspange oberhalb der Frontscheibe im Bereich der kleinen Scheinwerfer silbern auszukleiden. So wirken die Scheinwerfer realistischer als in Wagenfarbe.

Die gelbe Sonne geht auf

Bereits der erste gelbe XG+ Aufkleber bestätigt die Entscheidung. Als Komplementärfarben sind Blau und Gelb unschlagbar und so gelangen die anderen Decals zügig auf die Bauteile. Die Seitenscheiben sind von überstehender Folie zu befreien. Diese Schnitte gelingen mit einem scharfen Skalpell, nachdem die Folie gut getrocknet ist.

Seitliche Chromleisten, Dachluke und die schwarzen A-Säulen folgen, kleine Mängel werden mit Farbe ausgetupft. Für die Seitenverkleidung enthält der Gestaltungsbogen passende Motive, die gleichzeitig die Positionsleuchten hervorheben. Weitere Decals für die Tankbänder stammen von truckdecals.de und setzen zusätzliche Akzente.

Wie erwähnt, gibt es für die Details kein Limit und erlaubt ist, was gefällt. Mir genügte es an dieser Stelle, wobei die schwarzen Reifen abschließend durch die beschrifteten Pirelli Pneus ersetzt werden. Ein weiterer Farbtupfer in einer langen Liste.

Text und Bilder: Frank Hadel

Eingesetzte Materialien

Decalprint.de: DAF XG+ Dekor M-216 (blau), M-220 (gelb), Universalsatz „Gardine Blau“ www.decalprint.de

Herpa: DAF XG+, Radsatz Chrom „PIRELLI“ www.herpa.de

LUX Modellbau: DLE90 (Druck- und Lackentferner) www.lux-modellbau.de

Microscale: MicroSol www.microscale.com

Revell: Diverse Aqua Farben www.revell.de

Tamiya: Mica Blue Metallic, Tamiya Klarlack glänzend aus dem Glas oder Spraydose www.tamiya.de

Truckdecals.de: Tankbänder www.truckdecals.de

Glasreiniger

Werkzeug: 

Kleine Schale mit warmen Wasser

Pinselbecher mit Wasser, Pinsel

Feine Papierschere, Skalpelle, Pinzetten, Wattestäbchen

Zubehör Radsatz chrom "PIRELLI"
Zubehör Radsatz chrom "PIRELLI"
Artikelnummer:
054348
Maßstab:
1:87
Material:
Kunststoff
13,95 €