Eidgenossen auf Erfolgskurs


Mit dem unter der Kennung HB-JLT registrierten Airbus A320 bereichert ein weiteres Modell der Edelweiss Air das Herpa-Programm. Das Flugzeug mit der Sonderbemalung “Help Alliance” macht auf die Hilfs-Organisation der Lufthansa Group aufmerksam, die seit nunmehr 25 Jahren weltweit benachteiligte junge Menschen fördert. Seit 2008 gehört Edelweiss Air zur Lufthansa Group und ist dadurch wesentlich an diesem sozialen Engagement beteiligt. Wir nehmen die außergewöhnliche Modell-Neuheit zum Anlass für ein Porträt über die führende Schweizer Ferienfluggesellschaft.

Die Lufthansa Group ist ein weltweit operierender Luftverkehrskonzern, der in seinem Heimatmarkt Europa eine führende Rolle einnimmt. Kernmarke ist die Lufthansa, doch gehören ihr unter anderem auch zahlreiche weitere namhafte Fluggesellschaften an, wie etwa Austrian Airlines oder Swiss. Sitz der Gruppe ist Frankfurt/Main, aber die Konzernleitung war klug genug, jeder angeschlossenen Airline die nationale Eigenständigkeit und ein weitgehend autonomes Management zu erhalten. Nur Schlüsselfunktionen, wie vor allem die Flottenpolitik und ein paar grundsätzliche Prinzipien, werden von Frankfurt vorgegeben.

Seit dem 1. November 2008 gehört auch Edelweiss Air der Lufthansa Group an. Die führende Ferienfluggesellschaft der Schweiz ist seit 2008 eine Schwestergesellschaft der Swiss, die als nationale Fluggesellschaft der Schweiz wiederum seit 2007 Teil des Lufthansa-Konzerns ist. Sitz und Basis der Edelweiss Air ist der Züricher Flughafen Kloten, wo die Airline im Oktober 1995 vom Schweizer Reisekonzern Kuoni (33%), der griechischen Venus Air (40%) und Privatanlegern gegründet wurde. Erstausstattung waren zwei geleaste McDonnell Douglas MD-83, mit denen ab Februar 1996 zu ersten Flügen nach Griechenland gestartet wurde. Die griechischen Partner zogen sich allerdings noch in der Anfangsphase als Gesellschafter zurück und verkauften ihre Anteile an Kuoni.

Mit zunächst zwei, ab 1987 drei McDonnell Douglas MD-83 begann 1986 der Flugbetrieb. Die Airline fand auf Anhieb ihren Markt, was auch am Flugzeug lag, denn die eleganten Twinjets hatten in der Schweiz eine lange Tradition. Photo: AeroIcarus_CC

Mit starkem Profil auf Kurs zum Erfolg

Die MD-83, genauer DC-9-83, waren beliebt – bei den Passagieren wegen ihres unübertroffen geräuscharmen Betriebs und bei den Piloten aufgrund der 1965 begonnenen langen Tradition der DC-9 in der Schweiz. Weniger begeistert allerdings waren die Flugbetriebsleitung und vor allem die „Teppichetage“ um den Firmenchef Niklaus Grob. Denn die JT-8D-Triebwerke von Pratt & Whitney waren nach außen laut und außerdem durstig, und damit teuer. So wurde schon 1999 beschlossen, die MD-83 durch in jeder Hinsicht modernere Airbus A320 zu ersetzen.

Die erste A320-200 traf im Januar 1999 in Zürich ein und erhielt mit der Kennung HB-IHX den Taufnamen „Calvaro“. Calvaro war ein Holsteiner Schimmelwallach, der mit seinem Schweizer Reiter Willi Melliger im Jahr 2000 zur weltweiten Nummer 1 aufstieg. Den zunächst nur drei A320 folgten bis Januar 2024 weitere elf Exemplare, meist aus Beständen der Swiss. Mit 174 Economy-Sitzen sind die A320 vergleichsweise großzügig bestuhlt. Andererseits sind sie mit durchschnittlich knapp 18 Jahren relativ alt. Gleichwohl hat sich Edelweiss bisher noch nicht für einen Nachfolgetyp entschieden. Die Airline wollte es auch nicht bei der einfachen Bedienung mitteleuropäischer Ferienziele belassen, sondern strebte nach Höherem, also dem Langstreckenverkehr. So kam im Herbst 2000 eine einzelne A330-200 aus Beständen der Swiss in die Flotte, mit der unter dem Kommando des damaligen Flotten- und späteren Firmenchefs Karl Kistler der erste Flug von Zürich auf die Malediven absolviert wurde.

Größerer Radius

Die Airline wollte es auch nicht bei der einfachen Bedienung mitteleuropäischer Ferienziele belassen, sondern strebte nach Höherem, also dem Langstreckenverkehr. So kam im Herbst 2000 eine einzelne A330-200 aus Beständen der Swiss in die Flotte, mit der unter dem Kommando des damaligen Flotten- und späteren Firmenchefs Karl Kistler der erste Flug von Zürich auf die Malediven absolviert wurde.

Mit Airbus A330-200 eröffnete Edelweiss Air im Herbst 2000 den Langstreckenverkehr, zunächst ab Zürich nach Male auf den Malediven. Foto: Timo Breidenstein

Auch hier stellte sich schnell Erfolg ein, so dass 2011 und 2016 je eine weitere der etwas größeren A330-300 in Dienst gestellt wurde, die die -200 ersetzten. Zu diesem Zeitpunkt allerdings hatten sich die betriebsrechtlichen Verhältnisse der Airline bereits massiv verändert. Entscheidend war das Jahr 2008, als sich die bereits von Lufthansa übernommene Swiss International Airlines mehrheitlich an Edelweiss Air beteiligte. Am 12. Februar besagten Jahres wurde infolge einer neuen strategischen Partnerschaft zwischen Kuoni und Swiss der Zusammenschluss der beiden Gesellschaften beschlossen. Mit dem Segen aus Frankfurt wurde vereinbart, dass beide Airlines mit eigenem Profil, Personal und wohlgemerkt eigener Flotte aktiv sein sollten. Um das sicherzustellen, wurde Edelweiss eine Konzerngesellschaft der Lufthansa Group und damit eine Schwester- und nicht Tochtergesellschaft der Swiss. Swiss und Edelweiss arbeiteten aber, wie es sich für Schwestern gehört, fortan eng zusammen.

Die 14. und vorläufig letzte A320 ist diese unter der Kennung HB-JLT registrierte Variante in einer „Help Alliance“ Sonderbemalung. Im Juni 2022 mit dem Taufnamen „Madrisa“ von Swiss übernommen, ist sie die einzige leicht modernisierte A320-200ceo mit neuen Sharklets. Sie ist im Maßstab 1:500 (537650) sowie in der SnapFit-Reihe auch im Maßstab 1:200 (Art.-Nr. 613712) auch als Herpa-Modell erhältlich. Foto: Remo Schmittler_CC

Dem hohen Schweizer Standard gerecht geworden

Das wirkte sich auch auf die Flottenpolitik aus. Während der Bestand der A320-200 von ursprünglich drei auf stattliche 14 Exemplare anwuchs, tat sich im Bereich der Großraum- beziehungsweise Langstreckenjets Erstaunliches: Die beiden A330-300 wurden 2021 an die deutsche Schwester Eurowings Discover abgegeben, Nachfolge-Modelle wurden völlig entgegen dem Trend fünf vierstrahlige A340-300 aus Beständen der Swiss. Bei dieser Entscheidung dürfte die Frankfurter Konzernleitung ein gewichtiges Wort mitgesprochen haben, denn neben Swiss und Edelweiss betreibt in Europa nur Lufthansa selbst noch die A340-300. Die gegenüber der A330 höheren Betriebskosten werden durch niedrigere Finanzierungskosten und höhere Einsatzflexibilität mehr als ausgeglichen. Doch mit wachsendem Alter verpufft dieser Vorteil zunehmend. Deshalb wird auch Edelweiss künftig auf die weit effizientere, wieder zweistrahlige A350-900 setzen. Sechs Exemplare aus Beständen der südamerikanischen LATAM sollen ab April 2025 die A340 ablösen. Erstes Langstreckenziel mit der A350 wird Las Vegas sein. Die zweite Maschine dieses Typs soll dann ab Anfang Juli 2025 täglich die Strecke Zürich – Vancouver bedienen.

Fünf Airbus A340-300 aus Beständen der Swiss lösten ab 2008 die vorherigen A330 ab. Das war ungewöhnlich, verschaffte Edelweiss aber eine höhere Einsatzflexibilität. Foto: Timo Breidenstein

Was die Lufthansa-Tochter Discover sich aufgrund eines eher rumpeligen Starts 2021 mit etlichen Umstrukturierungen noch erwerben muss, hat die Schwester Edelweiss längst erreicht – nämlich „ex initio“ ein hervorragendes Image als Qualitäts-Urlauber-Airline. An diesem Image feilt sie auch weiter, zum Beispiel durch Einführung einer Premium-Economy Class auf der Langstrecke mit besseren Sitzabständen und Inflight-Service. Sie ist damit ihrer Konzernschwester Swiss sehr ähnlich, beide sind im Kontext zur jeweiligen Aufgabe im Konzern die Sahnestücke des Hauses. In Erinnerung an die legendäre Swissair würden viele Eidgenossen wahrscheinlich noch einmal stolz hinzufügen: „Wie es sich gehört“.

Zum 20. Firmenjubiläum gönnte sich Edelweiss 2015 für einige Tage den Auftritt eines gecharterten Zeppelin NT für Rundflüge über die Schweiz. Modelle in 1:500 und 1:200 gab es davon für Wings-Sammler auch. Foto: Adrian Michael_CC
Foto: Timo Breidenstein
Text: Fritz Gratenau
Titelbild: Gerry Stegmeier_GNU

Zahlen, Daten, Fakten

Name:
Edelweiss Air AG
Sitz: Kloten, Schweiz
Eigentümer: Lufthansa Group AG, Köln
Basis/Hub: Zürich (ZRH)
Gründung: 1995
Mitarbeiter: ca. 1.200
Passagiere: 2,2 Mio (2022)
Umsatz US-$: 614 Mio. (2022)
Streckennetz: International
Flotte:
14 Airbus A320-200
5 Airbus A340-300
Bestellt:
6 Airbus A350-900